ERNANI

Entstehungsgeschichte

 

Verdis fünfte Oper markiert nach dem "Triumph von Nabucodonosor (1842) einen neuen An­ang. Die Scala Mailand ist ihm inzwischen fremd ge­vorden; zwar kehrt er ein Jahr nach Ernani mit Giovanna d'Arco (1845) noch einmal dort zurück... danach aber erst wieder mit der europäischen Premiere (1872) von Aida  (1871) und seinem gesamten Spätwerk, d.H. die revidierte Fassung von Simon Boccanegra, die italienische Fassung von Don Carlops (4 Akten) und Otello und Falstaff. Die künstlerische Entwicklung  in den zweieinhalb Jahrzehnten dazwischen begint mit Ernani, denn mit dieser Oper  betritt der junge Opernkomponist  erstmals die für ihn zwischen seinen ersten und seinen letzten Werken wohl wichtigste Bühne: das Teatro La Fenice in Venedig. Mit ihr beginnt seine Zusammen­arbeit mit seinem bis Aida »ersten« Librettisten, der von nun an für mehr als die Hälfte aller Verdi-Opern vor Aida die Texte schreibt. Mit ihr begegnet er erst­mals auch einem Schauspiel des französischen Romantikers Hugo und damit dem heimlichen Humus seines Operntyps (vgl. Rigoletto, 1851). Es scheint aus heuti­ger Sicht fast unglaublich, daß bei der Vorbereitung von Emani spätneapolitanische Seriatraditionen noch ernsthaft im Gespräch waren. Die Partie des Königs und späteren Kaisers etwa sollte ursprünglich für eine Altistin, das heißt als Hosenrolle, geschrieben werden. Allein der Umstand, daß Verdi eine Verschiebung der Premiere von Jan. auf März 1844 durchsetzte, weil erst zum späteren Zeitpunkt ein geeigneter Interpret für die Titelpartie zur Verfügung stand, unterstreicht freilich eindrucksvoll, welch kräftiger neuer Wind solche Tra­ditionen aus den Opernhäusern Italiens zu vertreiben begann. Während der Vorbereitung der Ernani-Pre­miere wird in der Tat wie nie zuvor und unmißver­ständlich klar, wer nach Einschätzung Verdis bei einer neuen Opernproduktion der »Herr im Haus« zu sein hatte. In Mailand mußte sich der Nobody aus Busseto noch weitgehend danach richten, was Impresario und Poet vorgaben. Bei seiner ersten Oper für Venedig dik­tiert dagegen Verdi die Bedingungen. Er entscheidet sich für den Stoff, lehnt Hugos kompliziertes Lese­drama Cromwell (1827) und andere Projekte ab und besteht auf Ernani. Er skizziert nach Hugos Drama die theatralischen und musikalischen Strukturen und bittet Piave um die dafür notwendigen Verse. Er akzeptiert die einen Interpreten und lehnt andere ab: Die Koordi­naten und auch die Hierarchie für die Entstehung einer Verdi-Oper sind gefunden.

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